Originalbeitrag erschienen in : „Winterrübe“ 2007
Spätherbst in Kärnten. In der Nähe des idyllischen Dorfes St. Michael ob der Gurk mit der entzückenden gotischen Dorfkirche liegt Salchendorf. Hier wurde vor einem Jahr ein Garten begründet, der in mehrfacher Hinsicht einmalig ist.
Ortner Marlies, Dr.
Leiterin Therapiegarten-Institut für Pflanzenmedizin und Naturerfahrung GmbH bzw. Institut für Angewandte Ökopädagogik und Permakultur E.R.D.E (Herausgeber der „Rübe: PermaKultur Zeitschrift für nachhaltiges Gärtnern und zukunftsfähinge Landnutzung“, ein 14 Jahre alter Verein, der sich die kreative und nachhaltige Alltagsgestaltung zur Aufgabe gemacht hat).
Kontakt: herbersdorf 17, 8510 Deutschlandsberg, sunshine@therapiegarten.at , http://www.therapiegarten.at .
Der Garten hat Ackergröße und ist Teil des Biobauernhofs der Familie Hudelist. Er liegt inmitten von bäuerlich strukturierter Kulturlandschaft, zwischen Feldern, Wiesen und Wald, am Dorfrand. Der warme Südhang beschert dem Garten ein ganz besonders günstiges Klima. Der Boden wird kontrolliert biologisch bewirtschaftet. Geräte und Know-how für die Bewirtschaftung ackergroßer Gärten sind vorhanden.
Und so begann es im November 2006: Nach einer recht kurzen Planungsphase wurden die Konturen des Gartens festgelegt und die ersten mehrjährigen Faser-, Duft- und (Farbe) Färbepflanzen in die vorgesehenen Beete ausgesät. Der Winter war mild, und schon im März zeigten sich die ersten Sämlinge, allen voran der Ysop, der schon als 2-cm-Winzling in der Frühlingssonne seine ganze Duftpalette entfaltete.
Ab März erfolgte die weitere Entwicklung der Anlage. Der Garten ist in drei große „Blätter“ gegliedert, die durch „Blattadern“ erschlossen sind. Ein viertes Blatt wartet noch auf seine Entfaltung.
Die Hauptwege wurden mit Kleegras begrünt, das bei Starkregen ein Abschwemmen verhindert (Hanglage), alle weiteren Wege und Pflegepfande wurden mit Hanfschäben belegt. Die Beete dagegen sind von Grasmulch bedeckt, der das Austrocknen verhindert und die Jätarbeiten in Grenzen hält.
Weitere Färbe-, Faser- und Aromapflanzen wurden als Saatgut oder Jungpflanzen in die Beete gebracht, wo sie bald heranwuschsen, zu blühen und zu duften begannen. Besonders aufgefallen sind – in diesem ersten Gartenjahr – von den über 100 Arten: bei den Faser- und Ölpflanzen Leindotter, Getreide, Hanf und Baumspinat; bei den Färberpflanzen Färberkamillie, Klatschmohn, Kärberreseda, Teemalve, Färberpflanzen, Färberwaid, Färberamarant, Wiesenflockenblume und Ringelblume; bei den Duftpflanzen Heiliges Basilikum, Muskateller-Salbei, verschiedene Minzen, Wermut, Anisminze, Nachtviole, Ananas- und Mandarinensalbei, Currykraut, Zitronengras, Bergbohnenkraut, Ysop, Kamille, Gewürzfenchel und Katzenmelise.
Nicht genug bei den Mehrjährigen – auch die einjähringen Gemüse kamen keineswegs zu kurz. Eine Allee und ein Tipe von Bohnenstangen mit den prächtigen Stangenbohnen daran schückten den Garten den ganzen Sommer bis lang in den Herbst hinein. Pbwohl sehr spät angebaut, war die Bohnenernte der 22 bunten Sorten aus meiner Sammlung reichlich, sie ereilte allerdings das übliche Braunfäule-Schicksal. (Vorsorlich waren auch einige uter Dach angepflanzt worden.)
Weiter unten am Hang entfaltete sich ein „kleiner“ (!) Selbstversorgungs-Gemüse-Acker: Hier wuchsen in der biologisch gepflegten, am Mikroorganismen und REgenwürmern reichen, lehmigen Ackererde viele Indianerpflanzen wie Speise- und Zierkürbisse, Cyclanthera, Tomatillo, Ananaskirsche, Mais, Tomaten und Amarant (aus Sämereien meiner Sammlung).
Auch die europäischen Gemüse kamen nicht zu kurz: aus Reinsaat-Saatgut entstanden herrliche Krautköpfe (Premstättner Schnitt, Holsteiner Platter und Filderkraut), Sellerie und Rote Rüben. (Inzwischen gärt das Sauerkraut in den Steinguttöpfen.) Kolpen- und Rispenhirse bekamen ebenso ein Versuchsbeet wie die orgional Kärntner stoppelrüben (verwandeln sich im Gärtopf gerade in Saure Rüben) und die norddeutschen Kohlrüben. Seltsame Kräuter wie Brotklee, Koriander und Schwarzkümmel erfreuten sich an Mischkultur, Mulch und geschützter Lage. Auf die abgeräumten Beete wurden im herbst Salate zum Überwintern ausgesetzt.
Weitere nützliche Elemente des heranwachsenden Permakultur-Systems, und zwar Kräuterspirale, Wildsträucher- und Wildobsthecke, Wildniszone, Wildbienenhotel, Kompostanlage, Hügelbeete und Fischteiche sind in Planung bzw. teilweise bereits ungesetzt worden.
Auf den „normalen“ Äckern des Biohofs wurden in dem jahr Erdäpfel in verschiedenen Sorten, Flachs (Öl- und Faserlein) und Getreide (Roggen, Weizen, Dinkel) angebaut. Eine Weingartenkultur wurde angelegt, die Fläche anschließend mit Hafer eingesät. Die ersten Trauben wurden schon gesichtet. „Normal“ ist hier also nichts.
Am 15. September 2007 fand die erste Führung durch den Faser-Färbe-Duftpflanzen-Garten statt. Bei prächtigen Spätsommerwetter fanden die Blüten, Frucht- und Samenstände so gr0ßes Interesse, dass der Nachmittag fast zu kurz wurde. Bei einem gemeinsamen Imbiss, dessen Höhepunkt die während der Führung gepflückte Gewürzkräutermischung auf Bauernbutterbrot war, klang das Ereignis aus.
Nicht nur für die menschlichen, auch für die tierischen Besucher aht es in Salchendorf erfreuliche Veränderungen gegeben. Eine Vielzahl an Schmetterlingen, Wildbienen, Heuschrecken, Luafkäfern und Singvögeln nutzt das reichliche Angebot an Blüten, Früchten, Samen, Blättern und Wurzeln. Die Prominentesten sind wohl der elegante Schwalbenschwanz-Schmetterling auf dem Gewürzfenchel und die beeindruckende Holzbiene auf dem Muskateller-Salbei.
Die Spezialität ist aber nach wie vor das handgeschöpfte Hanfpapier, das der Hausherr mit Hilfe von selbstgebauten Geräten auf dem Hof herstellt, mit Färbepflanzen einfärbt und mit Duftpflanzen aromatisiert. Zu kaufen gibt es die Einzelstücke, zu edlen Verpackungen, Lampenschirmen oder Briefpapier weiterentwickelt, direkt ab Hof, einiges ist in den St. Georgener Natur-Präsenten (beim Stift St. Georgen) ausgestellt.
Diesen Beitrag entnahm ich aus dem Buch „Das Herz von Kärnten – Vom Steinbruch zur Naturgartenvision“ und wurde von der Autorin auch für dieses Blog freigegeben.
Am 07. März 2010 von Albert
Kategorie: Autor(inn)enbeitrag, Kräuter, Kulinarik, NaturLandgarten
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