Schutz – Erholung – Erziehung

Ein Naturgarten in Tirol, von Angie Opitz

Angie Opitz - Die "Alm" im Frühling mit blühender Schneeheide Zunächst ein paar Kleinigkeiten zu mir: Mein Name ist Angie Opitz, geb. 1955 im bayrischen Fürstenfeldbruck bei München. Schon seit der Kindheit bin ich an der Natur und ihren Kreisläufen interessiert.
In der Schule gehörten Biologie und Geographie zu meinen Lieblingsfächern, danach studierte ich u.a. Geographie mit Schwerpunkt Geomorphologie, Klima-, Vegetations- und Bodengeographie. Später arbeitete ich über 15 Jahre lang selbstständig im Bereich Redaktion, Textverarbeitung, Graphik und Schulung mit wissenschaftlichen Schwerpunkten.

Mit dem Erwerb eines fast unberührten Grundstücks ohne direkte Nachbarn im Tiroler Unterland ging für mich Ende 1999 ein Lebenstraum in Erfüllung: Ich konnte unter fast perfekten Voraussetzungen einen echten Naturgarten gestalten, ohne auf ziergärtnerisch-ästhetische Belange von Nachbarn Rücksicht nehmen zu müssen.

Ausgangspunkt war ein zwar frisch gerodetes, aber ansonsten seit Jahrtausenden unberührtes Areal auf einem Dolomitschutthang oberhalb des Pillersees im Bezirk Kitzbühel: einer buckligen, von alpinen Gewächsen besiedelten und nach der Rodung durch etliche Fichtenstümpfe gekennzeichneten Fläche.

Aufgrund des Hausbaus musste ein Teil der Fläche eingeebnet und aufgeschüttet werden. Das westliche Drittel des Grundstücks konnte aber wie vorgefunden erhalten werden. Während der Bauphase wurde es durch Abgrenzungen besonders geschützt. Dir größten Reliefveränderungen fanden im östlichen Bereich des Grundstücks statt, denn dort wurde am intensivsten aufgestüttet.

Vor dem Ausbub stach ich im Spätherbst 1999 und Frühling 2000 zahllose Pflanzen großzügig aus und deponierte sie an einem geschützten Ort neben dem Grundstück, um sie später auf einem Teil der aufgeschütteten Fläche wieder einzupflanzen.

Immer wieder wurde mir gesagt, dass man einmal zerstörte subalpine Matten als solche nie wieder herstellen könne. Ich war wild entschlossen, den Gegenbeweis anzutreten. Naturlich geht es, doch ist dies mit harter Arbeit verbunden. Es wurden die zuvor ausgestochenen Pflanzen später nicht irgendwie wieder eingepflanzt, sondern ungefähr so, wie ich es auf den benachbarten Flächen beobachtet hatte, d.h. sowohl Expositionen wie auch Pflanzenkombinationen berücksichtigend.

Nach einem Jahr waren ca. 100 qm neu angelegter subalpiner Vegetationsfläche nicht mehr vom unberührten Ausgangsgelände zu unterscheiden. Hier blühen Silber -und Golddistel, Schusternagerl, Franzenenzian und Großblütiger Enzian genauso wie Mehl- und Waldprimel sowie Thymian, Schneerose, Sonnenröschen und allerlei Knabenfrautgewächse, und zwar in der gleichen Häufigkeit wie nebenan auf der ursprünglichen Fläche.

Ein Teil des südlichen und östlichen Bereichs unseres Grundstücks wurde zur Wiese gestaltet. Diese wird einmal, manchmal zweimal jährlich gemäht – meist dann, wenn auch gerade die Mahd auf den angrenzenden Feldern stattfindet. Das Heu bekommen die Bauern.

Die Matten müssen häufiger bearbeitet werden. Hier rupfe ich regelmäßig alles ab, was z.B. Schafe und Rinder fressen würden. Die „Abfälle“ kommen auf die nahegelegene Rinderweide.

Anfangs hatte ich Bedenken, ob es den Feriengästen in unserem Garten gefallen würde. Aber diese Sorge war unbegründet, denn die Mehrheit ist begeistert von diesem bunten Wildwuchs. Immerhin konnten wir den einen oder anderen Gast auch schon dazu ermuntern, ähnliches im eigenen Garten zu versuchen. Sogar auf Balkonen in der Stadt wurde schon experimentiert.

Kein einziger Bereich unseres Gartens wird gedüngt, auch nicht das winzige Kräuterbeet an der Südseite des Hauses. Dieses bekommt lediglich eigenen Kompost und muss von Zeit zu Zeit bewässert werden, da es sich im Bereich unseres Dachüberstandes befindet. Im Kräuterbeet wächst alles wild durcheinander. Neben den Erdbeeren wachsen Thymian, Rauke, Margeriten, Oregano, Gänseblümchen, Salbei, Feldsalat, Maggikraut, Färberkamille, Minze und Estragon. Ich lasse fast alles wachsen, was sich von selbst ansiedelt.

Meine Küchenkräuter oder Salatzutaten ernte ich aber nicht nur dort, sondern im gesamten Garten und auf den unberührten Flächen, die sich südlich und westlich anschließen: junge Löwenzahnblätter, Gänseblümchen, Sauerampfer, Thymian, Wegerich, Giersch, Vogelmiere, junge Schafgarben- und Scharbockskrautblätter und vielerlei mehr. Die daraus entstehenden Salate sind köstlich, und die Gewürze wunderbar fein im Geschmack. Garantiert nicht behandelt und zudem gratis!

In einem tiefen Loch im Nordwestteil des Grundstücks legte ich vor einigen Jahren einen winzigen Gartenteich an, der überwiegend durch Regenwasser gespeist wird. Ich legte ihn bewusst nicht fachgerecht an, weil mir an einer Versickerung am Rand gelegen war. Die „Pfütze“ (so nenne ich das kleine Feuchtbiotop) beherbergt nicht nur etilche feuchtigkeitsliebende Pflanzen, sondern auch zahllose Larven von diversen Libellenarten, Stein- und Köcherfliegen sowie Zuckmücken und auch eine beeindruckende Artenvielfalt an mikroskopischen kleinen Organismen.

Angie Opitz - Schusternagerl auf der "Alm"Der Naturgarten ist mittlerweile zehn Jahre alt und erweist sich als ausgesprochen stabiles Biotop. Wir haben kaum Kummer mit überhand nehmenden und Kahlfraß verursachenden Tieren, wie z.B. Nacktschnecken, Blattläusen oder Kohlweißlingsraupen, die unseren Nachbarn mit gepflegten Rasenflächen, Gemüsegärten und Zierblumenrabatten mitunter erhebliche Probleme machen.

Gelsen gibt es bei uns zwar auch, doch hält sich ihr Bestand dank gefräßiger Viecher in unserer „Pfütze“ sehr in Grenzen. Dafür fühlt sich bei uns eine Vielzahl an Honig- und Wildbienen, wunderschönen Schmetterlingen und Libellen wohl.

Eine ausführliche Vorstellung unseres Gartenprojekts inkl. unzähliger Fotos ist hier zu finden: http://almgarten.info/

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